Regeln im Arbeitsverhältnis, die für den Arbeitnehmer gelten, kann auch der Arbeitgeber einseitig kraft seines Weisungsrechts setzen. Bei dem Weisungsrecht des Arbeitgebers geht es um die zu erbringende Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer.
Es ist gesetzlich geregelt in § 106 GewO.
Danach kann der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, d. h. konkrete Arbeitsanweisungen geben. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb (z. B. Rauchverbot, bezüglich Parkplatzbenutzung, Kleiderordnung).
Eine bestimmte Form für die Ausübung des Weisungsrechts besteht nicht. Auch das Kommando „Hauruck“, ein Wink, oder auch eine Bitte, kann schon eine Weisung des Arbeitgebers enthalten.
In der Normenhierarchie liegt das Direktionsrecht auf der untersten Stufe, also noch nach dem Arbeitsvertrag. Hieraus ergeben sich auch die Grenzen des Arbeitgebers hinsichtlich seines Weisungsrechts. Die Weisung des Arbeitgebers darf nicht gegen den Arbeitsvertrag, gegen eine Betriebsvereinbarung, den Tarifvertrag, ein Gesetz usw. verstoßen. Insbesondere muss sich der Arbeitgeber mit seinen Weisungen im Rahmen des Arbeitsvertrages halten. Ist z. B. im Arbeitsvertrag eine 38,5-Stundenwoche vereinbart, kann er nicht einseitig per Weisung die Arbeitszeit auf 40 Stunden in der Woche heraufsetzen, oder den Lohn kürzen usw.. Sprengt die konkrete Weisung des Arbeitgebers den Arbeitsvertrag, bedarf er der Zustimmung des Arbeitnehmers, also z. B. zu einer Erhöhung der Arbeitszeit oder zu einer Lohnkürzung, ansonsten wäre sie unwirksam.
Hinsichtlich der Tätigkeit des Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur Weisungen erteilen, die der arbeitsvertraglich vereinbarten Position entsprechen. Je detaillierter die Tätigkeit im Arbeitsvertrag beschrieben ist, um- so enger ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers; ist dagegen die Position des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag mit einem weiten Begriff gefasst, wie z. B. „kaufmännischer Angestellter“, ist die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers weiter, er kann dem Arbeitnehmer alle Arbeiten übertragen, die einem kaufmännischen Angestellten entsprechen. Ist im Arbeitsvertrag dagegen die Position „Buchhalter“ vereinbart, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur mit Buchhaltungsarbeiten bzw. in der Buchhaltung beschäftigen und ihm nur insoweit entsprechende Weisungen erteilen.
Zu beachten ist jedoch, dass im Arbeitsvertrag oft eine Versetzungsklausel enthalten ist, wonach dem Arbeitnehmer auch andere zumutbare Tätigkeiten übertragen werden dürfen. Im Fall des „Buchhalters“ darf der Arbeitgeber dem Buchhalter also auch andere Aufgaben übertragen, wenn im Arbeitsvertrag eine solche Versetzungsklausel enthalten ist. Eine Versetzungsklausel erlaubt dem Arbeitgeber jedoch nur, dem Arbeitnehmer andere gleichwertige Tätigkeiten zu übertragen.
Eine weitere Grenze für die Ausübung des Weisungsrechts bildet das sog. billige Ermessen gemäß § 315 Abs. 3 BGB. Danach muss jede Weisung des Arbeitgebers, auch wenn sie sich im Rahmen des Arbeitsvertrages und der anderen Rechtsnormen bewegt, zusätzlich billigem Ermessen entsprechen, d. h.: die Weisung des Arbeitgebers muss unter Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers einerseits und der betrieblichen Interessen andererseits erfolgen; konkret: Der Arbeitgeber muss für seine Weisung berechtigte betriebliche Interessen haben.
Beispielsfall:
Der Arbeitgeber verbietet einer Verkäuferin islamischen Glaubens im Kaufhaus ein Kopftuch zu tragen und als sich diese nicht daran hält, spricht er eine verhaltensbedingte Kündigung aus.
Die Kündigung ist nur dann wirksam, wenn die Weisung des Arbeitgebers, das Kopftuch abzulegen, rechtens war. Das Gericht musste also prüfen, ob die Weisung des Arbeitgebers sich im Rahmen der Gesetze bewegte und ob sie billigem Ermessen entsprach. Das Bundesarbeitsgericht hielt die Weisung des Arbeitgebers für rechtsunwirksam. Der Arbeitgeber dürfe zwar grundsätzlich auf die Kleidung seines Verkaufspersonals Einfluss nehmen, um seinen betrieblichen Interessen zu entsprechen. Im Rahmen der Ermessenskontrolle hat das Gericht hiergegen das der Arbeitnehmerin zustehende Grundsrecht auf Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG) zugebilligt und eine Abwägung zwischen diesen beiden Interessen vorgenommen. In Anbetracht des hohen Stellenwerts der Glaubens- und Religionsfreiheit müsse der Arbeitgeber konkret darlegen, dass es wegen des „islamischen“ Kopftuchs der Verkäuferin zu betrieblichen Störungen oder wirtschaftlichen Einbußen gekommen sei oder kommen werde. Da der Arbeitgeber dies nicht konnte, war die Weisung nach § 315 BGB unwirksam. Folglich war auch die Kündigung unwirksam (BAG vom 10.10.2002, NZA 2003, 483).